Maerchen-Almanach auf das Jahr 1826 by Wilhelm Hauff

Maerchen-Almanach auf das Jahr 1826 by Wilhelm Hauff

Autor:Wilhelm Hauff [Hauff, Wilhelm]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-02T23:00:00+00:00


Hier schwieg Lezah und sah Achmet, den alten Kaufmann fragend an. »Nein, wenn es so ist«, sprach dieser, »so verbessere ich gerne mein Urteil von Orbasan, denn wahrlich an deinem Bruder hat er schön gehandelt.«

»Er hat getan wie ein braver Muselmann«, rief Muley, »aber ich hoffe, du hast deine Geschichte damit nicht geschlossen, denn wie mir bedünkt, sind wir alle begierig, weiter zu hören, wie es deinem Bruder erging, und ob er Fatme, deine Schwester, und die schöne Zoraide befreit hat.«

»Wenn ich euch nicht damit langweile, erzähle ich gerne weiter«, entgegnete Lezah, »denn die Geschichte meines Bruders ist allerdings abenteuerlich und wundervoll.«

Am Mittag des siebenten Tages nach seiner Abreise zog Mustafa in die Tore von Balsora ein. Sobald er in einer Karawanserei abgestiegen war, fragte er, wann der Sklavenmarkt, der alljährlich hier gehalten werde, anfange? Aber er erhielt die Schreckensantwort, daß er zwei Tage zu spät komme. Man bedauerte seine Verspätung, und erzählte ihm, daß er viel verloren habe, denn noch an dem letzten Tage des Marktes seien zwei Sklavinnen angekommen, von so hoher Schönheit, daß sie die Augen aller Käufer auf sich gezogen hätten. Man habe sich ordentlich um sie gerissen und geschlagen, und sie seien freilich auch zu einem so hohen Preis verkauft worden, daß ihn nur ihr jetziger Herr nicht habe scheuen können. Er erkundigte sich näher nach diesen beiden, und es blieb ihm kein Zweifel, daß es die Unglücklichen seien, die er suche. Auch erfuhr er, daß der Mann, der sie beide gekauft habe, vierzig Stunden von Balsora wohne, und Thiuli-Kos heiße, ein vornehmer reicher aber schon ältlicher Mann, der früher Kapudan-Bassa des Großherrn war, jetzt aber sich mit seinen gesammelten Reichtümern zu Ruhe gesetzt habe.

Mustafa wollte von Anfang sich gleich wieder zu Pferd setzen, um dem Thiuli-Kos, der kaum einen Tag Vorsprung haben konnte, nachzueilen. Als er aber bedachte, daß er als einzelner Mann, dem mächtigen Reisenden doch nichts anhaben, noch weniger seine Beute ihm abjagen konnte, sann er auf einen andern Plan und hatte ihn auch bald gefunden. Die Verwechslung mit dem Bassa von Sulieika, die ihm beinahe so gefährlich geworden wäre, brachte ihn auf den Gedanken: unter diesem Namen in das Haus des Thiuli-Kos zu gehen, und so einen Versuch zur Rettung der beiden unglücklichen Mädchen zu wagen. Er mietete daher einige Diener und Pferde, wobei ihm Orbasans Geld trefflich zustatten kam, schaffte sich und seinen Dienern prächtige Kleider an, und machte sich auf den Weg nach dem Schlosse Thiulis. Nach fünf Tagen war er in die Nähe dieses Schlosses gekommen. Es lag in einer schönen Ebene, und war rings von hohen Mauern umschlossen, die nur ganz wenig von den Gebäuden überragt wurden. Als Mustafa dort angekommen war, färbte er Haar und Bart schwarz, sein Gesicht aber bestrich er mit dem Saft einer Pflanze, der ihm eine bräunliche Farbe gab, ganz wie sie jener Bassa gehabt hatte. Er schickte hierauf einen seiner Diener in das Schloß, und ließ, im Namen des Bassa von Sulieika, um ein Nachtlager bitten. Der Diener kam bald wieder,



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